„fußballrhetorik zieht immer“

Judith Klose, Absolventin der NRW School of Governance, im Gespräch über ihre berufliche Tätigkeit nach dem Master-Studium und die Relevanz des Sports in der politischen Praxis.

die Fragen stellte Alexander von Freeden


Judith, du bist mittlerweile Internationale Sekretärin der Jusos, der Jugendorganisation der SPD. Wie bist du denn dazu gekommen?

 

Ich habe noch vor meinem Abschluss in Duisburg sechs Monate lang eine Stelle in der internationalen Abteilung im Willy-Brandt-Haus gehabt und für den Europawahlkampf 2009 gearbeitet. Unmittelbar danach bin ich zu den Jusos gewechselt und habe auch noch die Kampagne zum Bundestagswahlkampf mitgemacht. Abschließend musste ich mir eine kurze Auszeit nehmen, schließlich stand meine Masterarbeit noch an. Aber seit März 2010 bin ich wieder bei den Jusos, erst im Bereich Veranstaltungsplanung, und jetzt halt als Internationale Sekretärin.

Was sind deine Aufgaben in dieser Position?

 

Ich koordiniere die Jugendarbeit auf europäischer bzw. internationaler Ebene: etwa beim Austausch mit unseren Partnern überall auf der Welt oder bei der Organisation von internationalen Jugendbegegnungen. Gleichzeitig bin ich aber auch in viele der Kampagnen eingebunden, die hier im Bundesbüro der Jusos geplant und koordiniert werden.

Welche Inhalte deines Studiums kommen dir bei deiner Arbeit zugute?

 

Das Masterstudium in Duisburg hat mich zum Beispiel für die informellen Prozesse sensibilisiert, die wirklich eine kaum zu unterschätzende Rolle im politischen Tagesgeschäft spielen. Neben dem Wissen über den Ablauf von politischen Prozessen helfen mir heute vor allem die praktischen Übungen wie etwa das Medientraining. Vor allem aber habe ich gelernt, wie man Small Talk bei Abendveranstaltungen hält [grinst].

Bist du zufrieden mit deinem Master-Studium? Wo siehst du noch Entwicklungspotential für den Studiengang Politikmanagement?

Der Studiengang zeichnet sich durch einen hohen Praxisbezug aus. Das war nicht nur der Grund für mich, nach Duisburg zu gehen, sondern hat sich als gute Vorbereitung für das Berufsleben erwiesen. Tja, was ließe sich noch verbessern? Obwohl der Zusammenhalt zwischen den Studierenden begrüßenswert ist, könnte vielleicht untereinander noch weitaus mehr kontrovers diskutiert werden. Etwa mit dem Ziel, die eigene Kritikfähigkeit zu schulen. Außerdem würde ich – was die einzelnen Lehrveranstaltungen angeht – eine größere Wahlfreiheit befürworten, damit die Studierenden stärker persönliche Schwerpunkte setzen können. Beispielsweise hätte ich gerne auch Kurse zu internationalen Themen aus dem anderen Masterprogramm besucht. Ich bin also eher gegen zu stark verschulte Studienpläne.

Sport und Politik – das ist das Thema der aktuellen Ausgabe des HAMMELSPRUNG. Was haben diese Sphären miteinander zu tun? Wann wird der Sport politisch?

Einen Aspekt konnten wir erst vor kurzer Zeit beobachten. Sportliche Großereignisse haben immer auch eine hohe symbolpolitische Bedeutung. Wenn hochrangige Regierungsmitglieder bei der Fußballweltmeisterschaft im Stadion sitzen, sind sie natürlich auch auf schöne Presse- und Fernsehbilder aus, mit denen sich Gewinnermentalität und Volksnähe suggerieren lassen. Ob Angela Merkel das mit ihrem Jubelbild gelungen ist, das während der WM immer wieder gezeigt wurde, sei mal dahingestellt. Aber auch sie konnte sich sicherlich mit eigenen Statements nach den Spielen und über Bilder mit der Nationalmannschaft profilieren. Darüber hinaus versuchen so auch ganze Staaten, sich über die Austragung von Sport-Events in Szene zu setzen. China und Südafrika sind da nur die jüngsten Beispiele. Dann wird ja gerne auch immer wieder behauptet, dass im Schatten einer Fußballweltmeisterschaft leichter unbequeme Gesetze verabschiedet werden können. Das müsste man doch mal empirisch untersuchen. Genauso wie die These, dass die kostenlose Abgabe von VIP-Lounge-Tickets an die Parteien mit der Zahl ihrer Bundestagsmandate zusammenhängt – das wäre doch mal ein interessantes Thema für eine Masterarbeit. Zumindest aus meiner Perspektive gibt es für beide Annahmen einige Anhaltspunkte.

Welche Rolle kann Sport im politischen Tagesgeschäft spielen?

Ein gemeinsames Fußballspiel nach Feierabend bewirkt mehr als zehn politische Abendveranstaltungen. Generell lassen sich bei unpolitischen Unternehmungen viel besser Kontakte knüpfen und Allianzen schmieden als bei rein politischen Veranstaltungen. Der Sport wird hier zur Netzwerkplattform und kann gemeinsame Erlebnisse schaffen, an die man sich noch nach Jahren zurück erinnert. Gleichzeitig kann Sport auch als Ritual zwischen Kollegen fungieren. Montags die Ergebnisse der Fußball-Bundesliga kommentieren zu können, das gehört manchmal einfach dazu.

Von sportlicher Fairness ist der politische Schlagabtausch zum Teil weit entfernt. Warum suchen Politiker trotzdem häufig den Vergleich mit dem Sport?

In der Politik geht es häufig darum, komplexe Sachverhalte möglichst einfach darzustellen. Da ist bildhafte Sprache gefragt und Sportvergleiche bieten sich an, weil sich darunter jeder etwas vorstellen kann. Vor allem Fußballrhetorik zieht immer und wird gerade im Wahlkampf ständig eingesetzt. Da steht der politische Gegner im Abseits, der Ball wird ins Rollen gebracht, Anschlusstore werden geschossen und Wahlabende gehen in die Verlängerung. Und natürlich: Nach dem Wahlkampf ist vor dem Wahlkampf!

Judith, vielen Dank für das Gespräch.

 

Judith Klose

ist Absolventin des Master-Studiengangs Politikmanagement an der NRW School of Governance. Zuvor studierte sie European Studies in Osnabrück und Florenz. Während ihres Studiums absolvierte sie Praktika beim ZDF Morgenmagazin und im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit sowie ein einjähriges Volontariat bei einer Public-Affairs-Agentur. Nach verschiedenen Stationen im Willy-Brandt-Haus in Berlin ist sie seit Oktober 2010 die Internationale Sekretärin der Jusos.