“Die schöne Seele”

In einer schönen Seele ist es also, wo Sinnlichkeit und Vernunft, Pflicht und Neigung harmonieren […] Nur im Dienst einer schönen Seele kann die Natur zugleich Freiheit besitzen und ihre Form bewahren.“ – so definiert Friedrich Schiller Charakterschönheit in seinem Essay „Über Anmut und Würde“. Eine Balance zwischen beiden Naturen, eben der Pflicht und der Neigung, zu finden, ist ein Ideal. Ein Ideal, das anzustreben, aber nie in seiner vollkommensten Form zu erreichen ist.

Nach und nach möchten wir Ihnen die thematischen Rubriken des neu gestalteten Online-Auftritts des hammelsprung vorstellen. Im Mittelpunkt der Rubrik „Die schöne Seele“ stehen ethische Fragen. Denn in der Politik sind die Naturen ähnlich, wie bei Schiller: Vernunft und Interessen. Vernünftig zu handeln, das fordert man von „guten“ PolitikerInnen: Es wird von ihnen erwartet im Sinne des Gesetzes, der BürgerInnen, ihres Mandats und der Verbündeten zu entscheiden. Diesem Gedanken stehen oftmals persönliche Interessen der PolitikerInnen entgegen: Macht, Ansehen und manchmal sogar Geld. Beide politischen Naturen zu vereinbaren ist auch ein Ideal, welches es in der Politik anzustreben gilt. Dass dies in der Praxis zu Spannungen führen kann, haben PolitikerInnen bereits einige Male demonstriert.

Die aktuelle Debatte über MigrantInnen ist ein Beispiel dafür. Es geht nicht darum, dass Menschen für ein sicheres und ja, vielleicht sogar auch für eine bessere Zukunft, ihr Leben riskieren. Es geht nicht darum, dass sie wochenlang unter fatalen hygienischen Bedingungen auf offener See umherirren. Nein, es geht darum, wie man europäische Grenzen schließt. Es geht darum, wie man rechtskonservative Wählerstimmen sichert. Hier besteht keine Harmonie zwischen Menschlichkeit und politischen Interessen. Hier lassen sich einige PolitikerInnen von PopulistInnen treiben.

Spannungen zwischen Ethik, Emotionen und Interessen in der Politik analysieren unsere AutorInnen in der hammelsprung Rubrik „Die schöne Seele“.

Aus der Chefredaktion, Najma Yari

Najma Yari ist Chefredakteurin des hammelsprung. Sie studierte Politikwissenschaft und Soziologie in Frankfurt/Main und ist seit 2017 Masterstudentin an der NRW School of Governance. Praktische Erfahrungen sammelte sie u.a. bei der GIZ in Frankfurt und der Heinrich-Böll-Stiftung in Kabul. Zuletzt arbeitete sie für einen Essener Träger mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen.