drei fragen an … bärbel höhn

Ihre Partei war die erste in Deutschland, die eine Frauenquote in Parteivorständen eingeführt hat. Welche Reaktionen gab es damals und wie unterscheiden sich diese zu den heutigen, wenn man die hitzige Debatte in der Öffentlichkeit verfolgt?

Damals war die Frauenquote etwas vollkommen Neues. Die anderen Parteien haben das eher belustigt zur Kenntnis genommen. Mittlerweile haben auch Gruppen, die die Quote ursprünglich ablehnten, sie übernommen. Dies geschah aber selten so konsequent wie bei den Grünen. Denn wir haben eine so genannte „harte“ Frauenquote, die besagt: Die ungeraden Plätze sind Frauenplätze und die geraden Plätze sind offene Plätze. Das heißt, dass wir auch reine Frauenlisten zulassen, auch bei den Wahlen in die Parlamente und in die Vorstände. Das hat die Diskussionskultur bei den Grünen geprägt und es ist etwas, was uns auch attraktiv für Frauen macht. Denn die sehen, dass wir etwas für die Chancen von Frauen tun. Dass ich beispielsweise Umweltministerin von Nordrhein- Westfalen geworden bin, habe ich unter anderem auch der Frauenquote zu verdanken. Als wir Grünen 1990 in den Landtag einzogen und die Landesliste wählten, war klar, dass eine Vertreterin von uns auf Platz 1 kandidieren muss und das war ich dann.

 

Was glauben Sie, welche gesellschaftlichen Effekte hatte Ihre Entscheidung eine Frauenquote einzuführen in Bezug auf die Gleichstellung der Frau?

Frauen sind die Hälfte der Gesellschaft, es gibt sogar einen leichten Frauenüberschuss. Frauen sind nicht besser als Männer, aber Frauen sind anders. Wer dieses zusätzliche Wissen von Frauen nicht einbezieht, ist nicht optimal aufgestellt. Wir Grünen haben das Prinzip in der Politik eingebracht, aber es ist natürlich auch in der Wirtschaft extrem wichtig. Wenn die Gesellschaft nach vorne kommen will, muss sie das Wissen von Frauen mit einbeziehen. Die Wirtschaft in Deutschland vernachlässigt das leider. Und die jetzige Bundesregierung setzt lediglich auf freiwillige Maßnahmen, die aber nicht greifen. Das führt dazu, dass Länder mit Frauenquote uns in vielen Dingen überlegen sind. So profitieren Länder wie Norwegen deutlich von der Frauenquote. Das hat auch eine enorme Auswirkung auf die Gesellschaft. Denn bei Entscheidungen wird die gesamte Gesellschaft mitgenommen anstatt vor allem der männliche Teil. So werden die gesamten Probleme einer Gesellschaft bei Entscheidungen berücksichtigt.

 

Jetzt hat auch die CSU eine Frauenquote eingeführt. Denken Sie, es handelt sich dabei um reine Symbolpolitik oder glauben Sie, dass nun auch die anderen Parteien die Notwendigkeit einer Frauenquote in Parteivorständen erkennen?

Ich glaube einfach, dass sie erkannt haben, dass sie die Frauenquote brauchen, wenn sie keine „Fossilpartei“ sein wollen, die dann keiner mehr wählen will. Die Frauen in der CSU oder die Wählerinnen der CSU werden auch sagen: „Moment, warum wir eigentlich nicht?“ Ich habe zum Beispiel als Landwirtschaftsministerin gemerkt, dass die Landfrauen viel innovativer sind als die Männer. Die Bäuerinnen standen neuen Entwicklungen viel offener gegenüber. Und bei den Männern waren dann eher die jüngeren Männer die Aufgeschlosseneren. So ist das natürlich auch bei den Wählerinnen der konservativen Parteien. Die sagen irgendwann: „Wir wollen unsere Positionen auch mal einbringen!“ Es ist ein gesellschaftlicher Trend entstanden, der durch die Frauenquote der Grünen angestoßen wurde und um den die anderen Parteien gar nicht herumkommen. Ob sie wollen oder nicht. Ich kenne viele Männer in der CSU, die die Quote total lächerlich finden und sie fürchten natürlich auch ein Stück weit um ihre Pfründe. Die jungen Männer sehen das aber viel gelassener als die älteren, die schon seit Jahren auf ihren Positionen beharren und Angst haben, etwas zu verlieren.

Bärbel Höhn, MdB

 

ist seit 2006 stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen. Von 1995 bis 2005 war sie Landwirtschafts- und Umweltministerin in NRW.