Trotz alledem – Ein Leben für den Sozialismus

„So ist eben das Leben seit jeher, alles gehört dazu: Leid und Trennung und Sehnsucht. Man muss es immer mit allem nehmen und alles schön und gut finden. Ich tue es wenigstens so. Nicht durch ausgeklügelte Weisheit, sondern einfach so aus meiner Natur. Ich fühle instinktiv, dass das die einzig richtige Art ist, das Leben zu nehmen, und fühle mich deshalb wirklich glücklich in jeder Lage.“

Rosa Luxemburg ließ und lässt niemanden gleichgültig. Kompromisslos und stimmgewaltig vertrat sie ihre Überzeugungen. Mit menschlicher Wärme und mitreißendem Temperament vermochte sie jeden für sich zu gewinnen, der sich vorurteilsfrei auf sie einließ.

Die meiste Zeit ihres Lebens war sie Exilantin, hat immer wieder Diskriminierung und Verfolgung erfahren: weil sie eine selbstbewusste Frau, eine Jüdin, eine Polin, eine Sozialistin und eine kompromisslose Antimilitaristin war. Versteckt oder gar gebeugt hat sie sich deshalb nie. Von den 48 Lebensjahren, die ihr gegeben waren, verbrachte sie 48 Monate in Gefängnissen.

Sie verband Welten – als Pazifistin und Revolutionärin, als promovierte Juristin und Parteischul-Dozentin, als Geliebte und als emanzipierte Frau. Die Rednerin brachte Säle zum Kochen, die rastlose Publizistin schrieb im kühlen Licht der Analyse.

Freiheit der Andersdenkenden

Eine Poetin begegnet uns in ihren Gefängnisbriefen. Die Wolke vor dem Kerkerfenster, das flatternde Pfauenauge empfindet sie als Offenbarung der Existenz. “Ich habe manchmal das Gefühl, ich bin kein richtiger Mensch, sondern auch irgendein Vogel oder ein anderes Tier in Menschengestalt”, so schreibt sie am 2. Mai 1917 aus der Posener Festung Wronke an ihre Freundin Sonja Liebknecht, “innerlich fühle ich mich […] im Feld unter Hummeln und Gras viel mehr in meiner Heimat als auf einem Parteitag. […] Sie wissen, ich werde trotzdem hoffentlich auf dem Posten sterben: in einer Straßenschlacht oder im Zuchthaus.“

Fast die gesamte Kriegszeit verbringt Rosa Luxemburg in Gefängnissen. Inhaftiert ist sie wegen “versuchten Hoch- und Landesverrats”, später als “Schutzhäftling”. Draußen wird unermesslich gemordet und gestorben. Der Weltkrieg frisst nicht nur Millionen Menschen, er spaltet auch die deutsche Arbeiter*innenbewegung. Klassenübergreifend gilt der Krieg als “Verjüngungsbad der Nation”. Das gemeinsam vergossene Blut wasche Vorurteile weg und beseitige soziale Grenzen. Diesem nationalen Taumelmeer stellte sich Rosa Luxemburg bedingungslos und vehement entgegen.

Ihr unversöhnlicher Kampf gegen den Krieg und die Radikalität, mit der sie auf der Verbindung von politischer Freiheit und sozialer Gleichheit bestand, haben auch heute nicht an Strahlkraft verloren. Wie ernst es ihr mit der politischen Freiheit war, verdeutlicht eines ihrer berühmtesten Zitate; „Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden“. Politische Gegner*innen sollen immer mit den gleichen Rechten ausgestattet sein und der Kampf gegen sie muss offen geführt werden.

Sozialismus oder Barbarei

Für Rosa Luxemburg war der Kampf für den Sozialismus vor allem ein Kampf gegen die Barbarei. Sozialismus war für sie die notwendige Bedingung, um dem Untergang in die Barbarei zu entgehen. Niemals wäre es für sie hinnehmbar gewesen, selbst zu den Mitteln der Barbarei zu greifen. Rosa Luxemburg war Sozialistin, weil sie radikale Humanistin war. Dieser Bezug ist es, der sie über so viele andere ihrer sozialistischen Zeitgenoss*innen stellt.

Auch heute noch inspiriert sie viele Menschen, sich für die sozialistischen Ideen einzusetzen und Verhältnisse zu schaffen, in denen alle Menschen als Menschen leben können.

Einen Tag vor ihrer Ermordung prangerte Rosa Luxemburg in der Zeitung des Spartakusbundes „Die rote Fahne“ diejenigen an, die die revolutionären Bewegungen in der jungen Republik unterdrückten und kündigte ein Wiederaufleben der Revolution an;

„Ordnung herrscht in Berlin!‹ Ihr stumpfen Schergen! Eure ›Ordnung‹ ist auf Sand gebaut. Die Revolution wird sich morgen schon ›rasselnd wieder in die Höh’ richten‹ und zu eurem Schrecken mit Posaunenklang verkünden:›Ich war, ich bin, ich werde sein!<“

Am 15. Januar 1919 wurden Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht durch faschistische Freikorps auf den Befehl des sozialdemokratischen Ministers Gustav Noske hin gefoltert, erschossen und in den Berliner Landwehrkanal geworfen.

Ein Beitrag von Nadine Bendahou und Rike Haag.

Nadine Bendahou studiert an der Universität Duisburg-Essen Soziologie, und ist politisch in der Linken linksjugend [‘solid] aktiv, von der sie seit April 2017 sie Bundessprecherin ist.

 

Rike Haag machte ihren Bachelor in Sozialwissenschaften und Europa-Studien an der Universität Siegen. Neben ihrem Masterstudium in Politikmanagement an der Universität Duisburg-Essen arbeitet sie unter anderem beim Deutschen Blindenhilfswerk und sammelte weitere praktische Erfahrung bei der Friedrich-Ebert-Stiftung in Israel, in der DGB Bundesvorstandsverwaltung und bei der ver.di. Sie ist aktiv in der Linken und bei der Linken.SDS.